MENHIR
Nach sechs Jahren Wartezeit ist es endlich
soweit: Die Pagan- Legenden Menhir veröffentlichen mit
„Hildebrandslied“ ihr neues Album. Bassist Fritze steht
Rede und Antwort.
Hallo Fritze, erst einmal herzlichen Glückwunsch zu eurem neuen Album. Wie sind die Reaktionen bisher?
Grüß Dich David. Da die Werbung erst gerade am Anlaufen ist,
kann ich über die Reaktionen noch nicht allzu viel sagen. In Foren
sind verschiedene Meinungen zum „Hildebrandslied“
aufgetaucht, von „zu weich und gefällt mir überhaupt
nicht“, bis hin zu „das Beste was ich je gehört
habe“. Für uns persönlich ist das Album sehr gut
gelungen, da wir uns alle voll verwirklichen konnten, was man an der
Qualität der Lieder hoffentlich auch hört.
Wieso hat es sechs Jahre gedauert, bis
„Hildebrandslied“ endlich eingespielt war? Hat das
Songwriting und die Umsetzung eurer Ideen soviel Zeit in Anspruch
genommen? Den ersten Teil des Hildebrandlieds hattet ihr ja bereits vor
knapp einem halben Jahr hin und wieder live präsentiert.
Du wirst wissen, dass ein Teil unserer Bandmitglieder bei der
Reenactment-Gruppe „Ulfhednar“ aktiv ist. Die
Rekonstruktionen von Adelsgräbern der Merowingerzeit und die Sache
an sich ist sehr zeitaufwändig. Dabei werden Gräber bis auf
das kleinste Detail genau nach alter Handwerkstradition rekonstruiert,
so dass das Ganze so authentisch wie möglich ist. Desweiteren
haben wir mit „Ulfhednar“ an einigen Projekten und
Fernsehproduktionen mitgewirkt. Die Vorbereitung und Planung zu unserem
weiteren Vorhaben „Gervina“ nimmt auch viel Zeit in
Anspruch. Wir errichten einen frühmittelalterlichen Königshof.
Letztendlich sollte mit „Hildebrandslied“ ein Album
entstehen, mit dem wir uns alle voll identifizieren können. Und
sowas kostet Zeit.
Was für Erwartungen und Ansprüche hattet ihr bei den Aufnahmen des Albums an euch selber?
Mit diesem Album wollten wir unsere musikalische Entwicklung dokumentieren.
Konntet ihr alles auf dem Album so umsetzen, wie ihr euch das gedacht hattet oder gab es irgendwelche Hindernisse?
Das einzige Hindernis war unser Anspruch. So wurden alle Gitarrenspuren
nach erfolgter Aufnahme gelöscht, überarbeitet und neu
aufgenommen.
Beim „Hildebrandslied“ war die Umsetzung der alten Sprache
in der Vorbereitung interessant. Absprachen mit Experten brachten
unterschiedliche Sichtweisen bezüglich der Aussprache dieses alten
Textes. Für die Wahrscheinlichste hat sich Heiko dann entschieden.
Dass ihr allesamt sehr interessiert an Geschichte seid,
dürfte kein Geheimnis darstellen. Wie seid ihr jedoch speziell auf
die Idee gekommen, das „Hildebrandslied“ zu vertonen?
Das Hildebrandslied ist einer der frühesten poetischen Texte
deutscher Sprache. Die Idee es zu vertonen hatten Heiko und Fix schon
seit Jahren. Dramaturgie und Handlung musikalisch nachzuzeichnen
stellte eine Herausforderung dar, der wir uns nicht entziehen wollten.
Meiner Meinung nach ist euer neustes Album wieder ein
Schritt mehr weg von euren raueren Wurzeln. Hört ihr
diesbezüglich Kritiken laut werden oder wie nimmt der
Großteil diesen Wandel auf?
Das ist richtig. Es gibt Hörer, die es so sehen, wie Du es in
Deiner Frage formulierst. Andere können unseren Ansatz
nachvollziehen und sind offensichtlich sehr zufrieden damit. Wir selber
machen die Härte der Lieder an den Texten und unseren Stimmungen
aus, was natürlich bedeuten kann, dass sich das nächste Album
ganz anders anhört.
Wisst ihr schon wie es nun mit Menhir weiter gehen soll? Werdet ihr euch live weiterhin rar machen?
Wir werden schon versuchen, so viele Auftritte wie möglich zu
machen. Jetzt da ein neuer Schlagzeuger gefunden ist, wird das umso
leichter gehen. Doch wir sind nicht unbedingt eine Band, die sich
aufdrängt. Wenn uns ein Angebot zusagt und noch diverse andere
Faktoren, wie zum Beispiel das Umfeld, stimmen, nehmen wir gerne an.
Demnächst fliegen wir für eine 10- Tages-Tour quer durch
Russland und im nächsten Frühjahr ist eine Europa- Tour in
Planung.
Habt ihr schon über die Live- Umsetzung der beiden
Hildebrandslieder-Teile nachgedacht? Ich könnte mir vorstellen,
dass besonders der zweite Teil live eher schwer zu präsentieren
sein wird.
Den zweiten Teil des „Hildebrandslieds“ werden wir
definitiv nicht live spielen, da es schon allein an den Chören
scheitern würde. Das erste „Hildebrandslied“ wird sehr
wahrscheinlich weiterhin ein Teil unseres Programms bleiben.
Wollt ihr in Zukunft verstärkt auf Akustik-Songs
und -Passagen, sowie auf traditionelle Instrumente zurückgreifen
oder ist das diesmal eher eine Ausnahme gewesen und ihr
veröffentlicht solche Songs lieber auf EPs, wie mit
„Buchonia“ bereits einmal geschehen?
Wie schon gesagt, hängt das ganz von unseren Launen und den Texten
ab. Wir werden sehen, was die Zukunft bringt und uns vom Leben leiten
lassen. Grundsätzlich haben wir nichts gegen traditionelle
Instrumente, wollen aber auch unsere Wurzeln nicht vergessen.
Die Pagan-Szene hat in den vergangenen Jahren einen starken Boom erhalten, wie erklärst und bewertest du das?
So richtig erklären kann man es, glaube ich, nicht. Fakt ist, dass
die Bands wie Pilze aus dem Boden schießen, so ziemlich alle das
gleiche Gesülze über unsere Götter, das Saufen und
eventuell noch ein paar Schlachten schreiben, um das Ganze mit Black
Metal und billigen Keyboard Sounds zu verbinden... Ich bin froh, dass
es wirklich noch Leute gibt, die sich Gedanken darüber machen, wie
es gewesen sein könnte und wie man es in den heutigen Geist wieder
einfließen lassen kann. Dazu gehört natürlich, dass man
sich auch mal ein Buch nimmt und sich mit der Geschichte, dem alten
Götterglauben und den Geschehnissen drum herum beschäftigt.
Leider vergessen die meisten ihren eigenen Kopf zu benutzen und
quatschen irgendwelche Phrasen nach, die sie irgendwo aufgeschnappt
haben. Ist das Pagan?
Gibt es andere Pagan-Bands, die du dir privat anhörst?
Da wir alle ziemlich zeitig angefangen haben Metal zu hören - mein
Vater legte mir den Metal schon „in die Wiege“ -,
hören wir eigentlich eher alles was rockt. Von Maiden bis
Immortal, von Bathory bis Priest und so weiter.
Die germanische und nordische Mythologie wird
stärker denn je als Deckmantel benutzt, um rechtstadikales
Gedankengut an den Mann zu bringen. Wie bewertest du das?
Jede Prägung von Radikalismus wird von uns abgelehnt. Die von uns
besungenen Götter, Helden und normalen Menschen entstammen
früheren Zeiten. Wir schließen dabei die zwölf Jahre
deutsche Vergangenheit aus, auf die einige glauben sich berufen zu
müssen. Unsere Musik ist unpolitisch und wird es bleiben.
Derartiges Gedankengut unseren Texten entnehmen zu können,
schließe ich aus.
von David Dankert
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